22 DE [sic]nals – liminoid
©Nora Sobbe
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[sic]nals – liminoid
liminoid initiiert ritualisierte Abläufe im Baptisterium des Kölner Dom. Drei Musiker*innen/Performer*innen begegnen dem ehemals sakralen Raum – heute ein profaner Ort von archäologischem Interesse –, der zwischen dem Kölner Dom und der vom Bahnhofsgeschehen belebten Fußgängerzone vermittelt. Besucher*innen werden eingeladen, mit den Musiker*innen/Performer*innen zu Momenten des Dazwischen zu forschen. Musikalischer Ausgangspunkt ist dabei das lutherische Kirchenlied »Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ«. Verschiedene barocke Bearbeitungen des Stücks, u. a. von Johann Sebastian Bach, werden zum Material für musikalisches Konstruieren und Dekonstruieren, das den Musiker*innen ein improvisierendes Miteinander ermöglicht.
Victor Turner (1920-1983) entlehnt den Begriff der “liminalen Phase” (lat. Limen – die Schwelle) ethnologischen Studien zu Übergangsriten und modifiziert ihn für das Theater “komplexer”, “postindustrieller Gesellschaften”. Aufführungsmomente, verstanden als “liminoide Prozesse” (“den liminalen Phänomenen [ähnelnd], ohne ihnen gleich zu sein”), verfügen nach Turner über das Potenzial, als “unabhängige und kritische Quelle” gegenüber derzeit verbindlich geltenden sozialen Ordnungen zu wirken:
Wie aber kann ein möglicherweise transformatives Potenzial solcher Schwellenphasen über Aufführungssituationen hinweg nachhaltig wirken? Welche Handlungsmacht tragen Performende, Besucher*innen und Objekte der Performance
und wie können sie nach Aufführungsende weiter miteinander kommunizieren?
(Victor Turner, Vom Ritual zum Theater)
Teil der Aufführung von liminoid ist ein klingendes Objekt, das am Ende der Performance von einem Performer aktiviert wird. Einer aufziehbaren Spieluhr gleich kann es für einen bestimmten Zeitraum nicht willentlich gestoppt werden. Drei solcher klingenden Objekte werde gegen Ende der Performance Personen aus dem Publikum übergeben. Sie werden gebebeten, es an eine Annahmestelle zu bringen, die nur erreicht werden kann, in dem der öffentliche Raum passiert wird. Aus den drei Objekten erklingen Fragmente der Performance. Der Sound der drei Objekte greift ineinander.
Martin Jantzen | Viola da Gamba
Zacarias Maia | Performer
Juri Rendler | Realisierung Objekt
Ronja Landtau | Outside Eye
Nora Sobbe | Konzeption + Objekt-Design + Szenografie
Lea Sobbe | Konzeption + Musikalische Leitung + Blockflöten